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Gnadenfrist für Adler – und für die Hamburger Politik

Mit dem soeben ergangenen Urteil hat der Londoner High Court den Restrukturierungsplan der Adler Group gebilligt und ihr so eine Gnadenfrist verschafft. Der Konzern konnte damit zumindest kurzfristig die unmittelbare Insolvenz abwenden.

Eine Gnadenfrist erhält damit auch die Hamburger Politik, die – seitdem die Vertragsverhandlungen mit Consus/Adler sowie der Bebauungsplanentwurf für das Holstenareal am 31. Mai 2022 auf Eis gelegt wurden – fast ein komplettes Jahr hat untätig verstreichen lassen. Es wurde nicht eine einzige Maßnahme ergriffen, um eine sozial- und klimaverträgliche Entwicklung des Quartiers sicherzustellen. Durch das Londoner Urteil ist die Hamburger Politik um Haaresbreite dem GAU entgangen, denn im Fall einer Insolvenz hätte das städtische Vorkaufsrecht in Bezug auf das Holstenareal nicht gegolten.

Erst vor wenigen Tagen hat die neue Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein in einem Gespräch mit dem Journalisten Christoph Twickel sachwidrig argumentiert, das Holstenareal entspreche nicht der Mindestgröße, die eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) erfordere. Die Stadt habe keine Handlungsmöglichkeiten gegenüber dem Investor. Eine solche Mindestgröße ist im Baugesetzbuch (§ 165) aber nicht vorgesehen. So heißt es im entsprechenden Gesetzeskommentar: „Das Gesetz gibt keine Mindestgröße für die Festlegung städtebaulicher Entwicklungsbereiche vor“ (Krautzberger: Städtebauförderungsrecht. Kommentar und Handbuch C § 165, S. 16, August 2019 EL.66). Laut Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags vom Juni 2020 wird bei neuen Stadtquartieren, für die eine SEM eingeleitet wurde, zwar ein Durchschnittswert von 39 ha angegeben, aber die durchschnittliche Zahl der Wohneinheiten liegt mit 1.016 Wohneinheiten unter den vorgesehenen 1.240 Wohneinheiten des Holstenquartiers.

Aus unserer Sicht handelt es sich bei dieser Argumentation also um eine Nebelkerze, um die eigene Untätigkeit zu verschleiern. Wir wiederholen:
– Nach wie vor hat niemand der verantwortlichen politischen Entscheidungsträger unser Argument entkräftet, dass angesichts des Skandalinvestors Adler Group und der brachliegenden Grundstücke, die dringend für den Wohnungsbau benötigt werden, eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach § 165 Baugesetzbuch das sowohl geeignete wie auch einzig erfolgversprechende Instrument ist, das der Stadt zur Verfügung steht, um eine sozialverträgliche Bebauung des Geländes sicherzustellen. Umgekehrt würde die Stadt ohne dieses Instrument mit leeren Händen dastehen, was von ihr selbst auch so dargestellt wird.
– Die skandalöse Inaktivität der Hamburger Politik ist umso grotesker, als die Grünen 2014 eine solche Entwicklungsmaßnahme noch selbst gefordert hatten, sie heute aber mehrheitlich ablehnen. Selbst die steg hatte nach unseren Informationen damals die Einleitung einer solchen Maßnahme gefordert. Dies wurde vom damaligen Bürgermeister Olaf Scholz kassiert. Politik im Interesse der Konzerne hat in Hamburg traurigerweise immer noch Vorrang vor den Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Die Stadt darf heute den Fehler von 2016 nicht wider besseres Wissen und in voller Kenntnis der Skandale rund um den Investor Consus/Adler wiederholen.

Wir fordern deshalb Stadt, Bezirk und die neue Senatorin Karen Pein nochmals auf, unverzüglich vorbereitende Untersuchungen für die Einleitung einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme auf dem Holstenareal zu ergreifen, um dort eine Entwicklung sicherzustellen, die dem Anspruch eines lebendigen Herzens von Altona mit erschwinglichen Mieten für die breite Masse der Bevölkerung und einer Bebauung, die den gestiegenen Anforderungen des Klimaschutzes genüge tut, zu gewährleisten. Eine solche Maßnahme würde auch im Grundbuch eingetragen und den Grundstückspreis begrenzen. Das Areal wäre damit für Investoren, die allein auf maximale Rendite setzen, uninteressant und damit der weiteren Immobilienspekulation entzogen.

Durch das Londoner Urteil hat nicht nur Adler, sondern auch die Politik eine letzte Chance erhalten. Sie muss sie nun nutzen, um endlich unverzüglich zu handeln und ihrem politischen Gestaltungsauftrag gerecht zu werden!

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