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Shame on you, Senat Hamburg! Stadt verzichtet auf Vorkaufsrecht

Wir haben es befürchtet. Wir haben davor gewarnt. Und können es doch kaum fassen: Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg wiederholt den historischen Fehler von Olaf Scholz, der 2016 auf das Vorkaufsrecht am Holstenareal verzichtet hatte – mit den bekannten desaströsen Folgen. Dies ist aus unserer Sicht wider alle Vernunft und ein schlechtes Omen für die Standfestigkeit der Hamburger Politik, wenn es demnächst um den städtebaulichen Vertrag und den Bebauungsplan für den zukünftigen Stadtteil gehen wird.

Skandalös ist aus unserer Sicht nicht nur die fatale Fehlentscheidung selbst, sondern auch die Art ihres Zustandekommens. Erst auf die Nachfrage einer engagierten MOPO-Journalistin hin räumte die Finanzbehörde ein, bereits eine Entscheidung zuungunsten des Vorkaufsrechts gefällt zu haben. Offensichtlich ohne dass die Bezirkspolitiker*innen darüber informiert gewesen wären, geschweige denn in der Bürgerschaft eine inhaltliche Debatte stattgefunden hätte. Man hat es angesichts der wachsenden Kritik offensichtlich eilig. Das ist vordemokratische Hinterzimmerpolitik.

Hinzu kommt, dass die Öffentlichkeit über die wahren Eigentumsverhältnisse weiter getäuscht wird. Auch in der aktuellen Stellungnahme versteckt sich die Finanzbehörde hinter der Generalfloskel des Geschäftsgeheimnisses, um hochrelevante Fakten zu verschleiern, wo maximale Transparenz geboten wäre. Denn während so getan wird, als sei die Stadt Hamburg über die SAGA Miteigentümerin des Grundstücks, verhält es sich in Wahrheit so, dass allein Quantum und HanseMerkur Grundvermögen die neuen Eigentümer des Grundstücks sind und die SAGA erst nachrangig ins Spiel kommt. Diese Irreführung der Öffentlichkeit ist aus unserer Sicht kein Zufall, sondern – wie bereits beim Esso-Häuser-Areal an der Reeperbahn – bewusstes Kalkül, um die Konsequenzen, die aus dem Verzicht auf das Vorkaufsrecht erwachsen, zu verschleiern. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass dies weitreichende Folgen hat: in Bezug auf die Schaffung von nachhaltig bezahlbarem Wohnraum, wie er mit den Volksinitiativen „Keine Profite mit Boden und Miete“ vereinbart wurde, in Bezug auf die Ermöglichung von Baugemeinschaften auf dem Gelände, in Bezug auf die wirksame Unterbindung weiterer Spekulation mit Teilen des Grundstücks, in Bezug auf den Erhalt industriegeschichtlich bedeutender Gebäude.

Und noch eins: Es wird so getan, als müssten die Stadt und ihr kommunales Wohnungsunternehmen vor einem finanziellen Risiko geschützt werden. So als würde die SAGA das Grundstück oder die fertig gebauten Wohnungen später von Quantum geschenkt bekommen. Und warum wird dieses Argument ausgerechnet dann bemüht, wenn es um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die Gestaltung eines zukunftsfähigen neuen Quartiers geht? Also genau dort, wo es sich wirklich lohnen würde, im Interesse der Allgemeinheit und der Menschen in dieser Stadt zu investieren! Stattdessen wird bei Pharaonenbauten wie dem Elbtower oder der Kühne-Oper das Geld mit beiden Händen zum Fenster rausgeschmissen. Und warum wird der hohe Kaufpreis bemüht, wenn man einen Vorwand sucht, um Investorenwünschen in Bezug auf Erhöhung der Bruttogeschossfläche und weitere Verdichtung entgegenzukommen, während die Inanspruchnahme des Vorkaufsrechts doch die Möglichkeit gegeben hätte, den Kaufpreis auf den durch ein unabhängiges Gutachten festzusetzenden Verkehrswert zu begrenzen?

Fragen über Fragen, auf die es keine Antworten gibt.

Denn in Hamburg gilt ein Freifahrtschein für Investoren. Der selbst deklarierte Anspruch der Regierungskoalition auf eine gemeinwohlorientierte Boden- und soziale Stadtentwicklungspolitik ist dabei längst über Bord gegangen. Sobald großes Kapital ins Spiel kommt, gibt die Politik der Hansestadt den Gestaltungswillen an der Garderobe ab. Davon zeugt die endlose Reihe der Skandale von HSH Nordbank bis Cum-Ex, von den Esso-Häusern bis zur Kühne-Oper, vom Elbtower bis zum Holstenareal.

Wir aber werden nicht aufgeben. Wir werden uns weiter engagieren. Für ein soziales, inklusives, geschichtsbewusstes und klimaverträgliches Holstenquartier. Gegen die Oligarchie der Pfeffersäcke. Für die freie und solidarische Stadt der Zukunft!

Postskriptum: Siehe hierzu auch den Kommentar in der taz von Gernot Knödler »Hamburg verschenkt schon wieder eine Gestaltungschance«.