Holsten-Areal, 22765 Hamburg hallo@knallt-am-dollsten.de

Kafka in Altona. Oder: Die Bauschuttaussitzung

Hoffnungsfroh und gut gelaunt trotz Nieselregens zog am 24. Juni eine Anwohner*innen-Demonstration zur Bauausschusssitzung des Bezirks Altona. Die gehegten Erwartungen, nach langen Wochen endlich Auskunft über konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der unhaltbaren Zustände auf dem Holstenareal zu erhalten, wurden jedoch nicht erfüllt. Keiner der Forderungen der Anwohner*innen war der Bezirk in der Praxis nachgekommen, alles war im Hin- und Hergeschiebe der Zuständigkeiten versandet. Für Bewegung hatte lediglich die Strafanzeige einer betroffenen Anwohnerin und ihrer Tochter gesorgt. Seither ermittelt die Dienststelle der Wasserschutzpolizei für Umweltdelikte. Und zu guter Letzt sorgte der massiv vorgetragene Unmut der anwesenden Anwohner*innen dafür, dass die folgende Bezirksversammlung einen Beschluss gefasst und den Senat aufgefordert hat, tätig zu werden. Kleiner Haken: Dies war bereits einmal geschehen und der Senat hatte seinerseits verwiesen auf die Zuständigkeit – des Bezirks … Ein Protokoll der Anhörung im Bauausschuss:

„In dieser Hinsicht ist man im Schloss sehr langsam und das Schlimme ist, dass man niemals weiß, was diese Langsamkeit bedeutet; sie kann bedeuten, dass die Sache im Amtsgang ist, sie kann aber auch bedeuten, dass der Amtsgang noch gar nicht begonnen hat, sie kann aber schließlich auch bedeuten, dass der Amtsgang schon beendet ist, man aus irgendwelchen Gründen die Zusicherung zurückgezogen hat. Genaueres kann man darüber nicht erfahren, oder erst nach langer Zeit“ (Franz Kafka: Das Schloss).

Zur Frage der Schadstoffe
Adler habe eine Beprobung vom Sommer 2024 vorgelegt. Demnach enthielten etwa 20 Prozent der Halden teerartige Schadstoffe. Diese seien möglicherweise krebserregend, das sei aber nicht weiter bedenklich. Über Grenzwerte wisse man nichts. Der Feinstaub von Mörtel und zerkleinertem Beton sei hochalkalisch. Eingeatmet könne das gesundheitsschädlich sei. Man mache sich aber auch in dieser Hinsicht keine Sorgen. Eigene Proben habe man nicht entnommen.

Zur Sicherung der Schutthalden
Die Adler Group habe angeblich Zellulose auf die Schutthalden aufgebracht. Ob das wirklich geschehen sei, wisse man nicht. Beobachtet oder überprüft habe man das nicht. Worum es sich dabei genau handele, wisse man nicht. Vielleicht um so etwas wie Kleister. Jedenfalls um etwas Wasserlösliches. Das könne auch wieder verschwinden. Überprüfen müsse das die Bauaufsicht. Ob es die noch gebe, wisse man nicht.

Eine illegale Deponie?
Möglicherweise handele es sich bei den Schutthalden auch um eine illegale Deponie. Das wäre der Fall, wenn seit mehr als einem Jahr keine Bau- oder Abrissarbeiten mehr stattgefunden hätten. Dann wäre das ein Verstoß gegen das Immissionsschutzgesetz. In diesem Fall sei man aber erst recht nicht zuständig. Überhaupt sei unklar, wer denn nun zuständig sei. Eigentlich wisse man das nicht. Man selbst im Zweifelsfall eher nicht.

Zum Stand des HOZ-Verfahrens
Dann gebe es noch das vom Bezirk eingeleitete Verfahren zur „Herstellung ordnungsgemäßer Zustände“ (HOZ). Demnach sollte Adler bis zum Ende der 23. Kalenderwoche (also bis zum 8. Juni) tätig werden. Andernfalls werde man im Rahmen einer Ersatzvornahme aktiv werden. Nun habe aber der Anwalt der Adler Group Akteneinsicht beantragt. Und dann könne Adler ja auch noch Widerspruch einlegen. Das könne sich hinziehen. Über Wochen und Monate. Man wisse ja mittlerweile, wie der Konzern agiere.

Neue Runde, Ausgang ungewiss
Auf empörtes Nachhaken der Anwohner*innen aus den umliegenden Dörfern reagierte der grüne Bauschuttaussitzende zunehmend ungehalten. Man solle Fragen stellen und keine ungebührlichen Kommentare abgeben, sonst gehe man des Rederechts verlustig und werde des Schlosses verwiesen. Als auch dies den Unmut der Dorfbewohner*innen nicht besänftigen konnte, die um ihre Gesundheit bangen, erbarmte sich schließlich einer der schwarzen Schlossherren und brachte den Vorschlag ein, erneut die oberste Schlossbehörde aufzufordern, tätig zu werden und gegebenenfalls weitere Dienststellen einzubeziehen. Womit die nächste Runde eröffnet wäre. Ausgang ungewiss.

Merke:
„Du kannst jemanden, der die Augen verbunden hat, noch so sehr aufmuntern, durch das Tuch zu starren, er wird doch niemals etwas sehen. Erst wenn man ihm das Tuch abnimmt, kann er sehen“ (Herr K., Landvermesser).

Postskriptum:
„Das Behörden-Ping-Pong müsse aufhören“, äußerte nun auch Gregor Werner, baupolitischer Sprecher der SPD-Bezirksfraktion, gegenüber dem Abendblatt. Dem können wir nur zustimmen. Jedoch: Worte allein helfen nicht mehr weiter. Wir wollen endlich Taten sehen. The proof of the pudding is the eating. Und ohne das Engagement der betroffenen Bürger*innen bewegt sich gar nichts. Deshalb blieben wir am Ball und treffen wir uns erneut am Montag, dem 7. Juli, um 18 Uhr. Diesmal in den Räumen des Denkmalvereins in der Fux Genossenschaft.